Nebra begrüßt uns am Morgen mit Regen. Wie ein Wink des Komos sollen wir wohl in museale Gefilde getrieben werden, um der Himmelsscheibe endlich im Original gegenüber zu stehen. Und da wäre bilderbuchmäßiger Sonnenschein schließlich kontraproduktiv. Wir lassen uns Zeit, denn eigentlich lockt es uns nicht besonders, wieder in die Großstadt zu fahren.
Zunächst stoppen wir aber vis-a-vis des Nebraer Bahnhofs, auf der Suche nach passablem Internet-Empfang. Hier ist offensichtlich kein schnelles Vodafone-Land. Erst der Zugang über das Smartphone mit Telekom-Netz bringt unseren Laptop wieder mit umiwo.de in Verbindung.
Nach dem zweiten Frühstücks-Kaffee begeben wir uns über regennasse Straßen erneut nach Halle und haben noch einmal Parkplatz-Glück direkt am Landesmuseum für Vorgeschichte.
Generell können wir nicht empfehlen, hier mit dem Wohnmobil anzureisen. Ein Abstellen andernorts und Umstieg auf Fahrrad oder Straßenbahn sind hier erfolgsversprechender. Mit einem schmalen Campingbus bis 6 Meter Länge kann man sein Glück jedoch versuchen. Die Parkgebühr ist sogar recht moderat bei 0,50 € pro Std.
Wir haben es bereits geahnt, sind jedoch trotzdem frisch enttäuscht: Fotografieren verboten!
Nun stehen wir der Himmelsscheibe endlich live gegenüber! In einem dunklen, fast schwarzen Raum, mit einem Sternenhimmel an der Decke ist sie in einer Art Schrank mit Sichtscheibe für Vorder- und Rückseite, schwach beleuchtet ausgestellt. Erst nach und nach gewöhnen sich unsere Augen an die immense Dunkelheit und wir bemerken erst nach einer Weile, dass hinter uns eine Museums-Aufsicht die Luft wegatmet.
Somit ist auch ein schnelles, heimliches, fies verwackeltes Foto mit dem Smartphone als persönliches Andenken ausgeschlossen. Auch wenn die hiesige Inszenierung gelungen ist und viele der Informationen, die wir aus dem Besucherzentrum von Nebra bereits kennen, an Schauwänden zu lesen sind, so sind wir doch froh, über den spielerischen Umgang mit der Materie in Nebra und über den Film aus dem Planetarium.
Die Strenge Nüchternheit, die so häufig im Museum herrscht, vermag uns nicht halb so zu begeistern, wie die Darstellungen in Nebra – auch wenn dort nur Nachbildungen zu sehen sind.
Auch der original Menhir der Dolmengöttin aus Langeneichstädt hat wenig Atmosphäre, wie er da so mitten im Raum auf einem halbhohen Podest im Stroh steht. Uns ist bewusst, dass die Artefakte nicht so ohne weiteres an ihren Fundorten sicher verwahrt oder ausgestellt werden können. Und dennoch würden sie dort jeweils eine größere emotionale Bedeutung entwickeln können. Jedenfalls vermissen wir eine gewisse Euphorie, als wir das Museum wieder verlassen.
Wir nehmen noch einen kleinen Umweg über den Stellplatz Fährstraße mit V/E in Halle und reisen mit Rosi nach einer Kaffee-Pause noch einmal zur Dolmengöttin (Nachbildung) nach Langeneichstädt. Wie erwartet können wir hier ganz einsam residieren. Der weite Blick über Felder gehört ganz uns. Nur vereinzelt nutzen noch ein paar Pkws die Straßen durch die Felder als Abkürzung irgendwohin, passieren uns einige Fahrradfahrer oder Hundebesitzer auf ihrer Abendroute. Dann bricht Dunkelheit herein und wir sehen in der Ferne die Lichter von Leuna und ein Meer von im Gleichtakt rot blinkenden Positionslichtern unzähliger Windräder. So stellen wir uns einen Übernachtungsort vor!
Am nächsten Morgen verleiht die aufgehende Sonne diesem regengetränkten, geschichtsträchtigen Ort einen romantischen Anstrich, als die Eichstädter Warte im warmen Sonnengelb mit einem Regenbogen verziert wird.
Die letzten Regenwolken sind abgezogen und die Sonne bescheint unseren Weg nach Freyburg an der Unstrut.
Vom altstadtnahen Parkplatz „Altstadt Nord“ spazieren wir los, die weinberankten Häuser,
den Schmuck des Weinfestes vom letzten Wochenende
und die nahen Weinhänge zu bewundern.
Turnvater Jahn fand schon Gefallen an diesem Örtchen und verbrachte seine letzten Lebensjahre hier.
Um 11 Uhr nehmen wir an einer Führung der Sektkellerei Rotkäppchen teil.
Für 5 € p. P. werden wir über die Geschichte und Technik der hiesigen Sektherstellung informiert und erhalten als krönenden Abschluss ein kleines Glas gut gekühlten sehr süffigen Rosé-Sekt.
Der mit Glas überdachte Lichthof wird wegen seiner guten Akustik häufig für Konzerte und andere Veranstaltungen genutzt.
Das größte Cuveé-Eichen-Fass Europas (120.000 Liter), welches Zitate aus Schillers Glocke ziert, wurde nach dem zweiten Weltkrieg und während der DDR-Zeit leider nicht mehr regulär genutzt und verlor dadurch seine Dichtigkeit, da es austrocknete. Es gelang nach der Wende leider nicht mehr, die Dichtigkeit wieder herzustellen.
Mit dem Rütteln der Flaschen nach der traditionellen Flaschen-Gährmethode ist hier eine Kellermeisterin betraut.
Nach einem Abstecher in das Souvenir-Lädchen werden wir aus dieser “Fantasie aus tausend Perlen” wieder hinausgespült.
Unser Weg führt uns zunächst weiter nach Bad Kösen. Leider hat sich die Sonne inzwischen wieder eine Auszeit genommen. Im Vergleich zu Freyburg ist die Bausubstanz hier lange nicht so ansehnlich hergerichtet.
Ein kurzer Spaziergang verleitet uns nicht zum Verweilen, so dass wir noch ein Stück weiterfahren, nach Thüringen hinein, bis nach Bad Sulza.
Hier, am Ende der Weinstraße Saale-Unstrut, beziehen wir Stellung auf dem offiziellen Stellplatz am Gradierwerk für 8 € pro Nacht zuzüglich Strom (1 € 8 Std.).
Ein umgeknickter Fuß beendet die heutigen Spazier-Ambitionen. Zur nahe gelegenen Toskana-Therme muss man leider den Berg hinauf und das bei frisch wieder eingesetztem Regen. So bleibt das Treiben in Sole ein Gedanke für den nächsten Vormittag.