Der sonnige Morgen lässt unsere Ambitionen, heute weiterzutrampen, schon mitten im Frühstück in sich zusammenschrumpfen! Das Wetter ist einfach zu prächtig. Die unaufgeregte aber wohlstrukturierte Platzatmosphäre trifft offensichtlich gerade unseren Nerv. Also überlegen wir, die vermeintlich notwendigen Vorräte per Ausflug zum nächsten Supermarkt mit Falt-Pony I und II und dem Rucksack zu erjagen. 9 Kilometer pro Strecke scheinen machbar.
Unser Frühstückspanorama bietet wieder eine prächtige Bandbreite der Wohnmobilkultur. So präsentieren sich heute der „Smalltalker“, der für den coolen Plausch mit dem Nachbarn extra seinen Steh-Bistro-Tisch mit Blumenstrauß an Bord hat und vors „Haus“ stellt.
…und der aufmerksame Hundebesitzer, der seinem Hund durch die erhöhte E-Bike-Geschwindigkeit entzündete Zugluft-Augen ersparen will und ihm eine smarte Biker-Hundebrille verpasst :-) Wir sind entzückt!!
Bei teils frischen Windböen traben wir los und überqueren auf einer alten Brücke die Ems, die Teil der Alten Fahrt war und noch immer als „Münsters Badewanne“ betitelt wird.
Wir folgen teilweise dem ausgeschilderten Radweg, in der ausgewiesen fahrradfreundlichen Region.
Solche Fahrradwege nehmen selten den kürzesten Weg, sondern führen zu Recht durch schöne landschaftliche Gegenden. Somit haben wir den Hinweg, zum Edeka in Greven, mal eben auf etwa 14 Kilometer ausgedehnt. An sich kein Problem. Allerdings beginnen so langsam der stetige Gegenwind und die „total überraschend“ fliegenden Pollen ihren Tribut bei Kondition und Atmung zu fordern. Just schrumpft der geplante Einkauf zusammen, auf den jetzt dringend nötigen Snack zur Stärkung für die Rückfahrt und ein wenig Notfall-Wegzehrung, falls dieser kräftezehrende „Ponytreck“ eine weitere Rast einfordern sollte. Die Hightec-Spargelschälmaschine sieht ein bisschen aus, wie von einem anderen Planeten:-)
Vor dem beheizten Freibad erstürmen wir eine Bank und fallen über die Kalorien her!
So gepusht schwenken wir doch noch in einem Bogen in die Altstadt zu einem Cappuccino und `ner Kugel Eis :)
Auf dem Weg begegnet uns ein Wegweiser nach Montargis in Frankreich, Partnerstadt von Greven und uns, zumindest theoretisch, gut bekannt aus einem unserer Lieblings-Kalmauk-Filme: „Ruby und Quentin – Der Killer und die Klette“, mit Gerard Depardieu und Jean Reno ;) ;)
Dann beginnt der Rückweg. Die Popos schreien laut nach einer anderen Aufsitzfläche….am liebsten im Campingstuhl. Wir versuchen eine andere, kürzere Strecke zu fahren. Navi im Smartphone machts halt möglich. Das verrät natürlich nicht, dass der eine Weg, ein Reitweg, immer weicher wird….
….und immer sandiger….irgendwann nur noch zum Strandspaziergang einlädt oder zum Sandburgen-bauen taugt :( Die Kraftreserven erlauben nur noch eine mittlere Empörungsmimik; gequältes Lächeln fürs Foto geht schon nicht mehr ;-)
Endlich wieder am Bus, hieven wir uns mit dolle „Rückseiten-Aua“ vom Sattel direkt rüber in den Campingstuhl und schütten sofort ein kühles Gemisch aus Bier und Orangina unsere Kehlen hinunter :-)
Puh! – auf 25 Kilometern Pollen, Falt-Ponys und pustender Gegenwind!
Am Abend wollen wir uns zur Bürozeit beim Platzwart dann mal ordentlich für die Übernachtung anmelden, nicht wie am Tag zuvor mittels ausliegendem Umschlag, den man mit Datum und Autokennzeichen sowie dem passenden Betrag in den Briefkasten wirft. Doch völlig unpassend zum ansteigenden Hungergefühl nach der heutigen Weltreise, hat sich eine ansehnliche Schlange vor dem Tresen gebildet! Also greifen wir erneut zum Umschlag, während das Abendbrot schon in der Pfanne brutzelt.
Nach dem abendlichen Blogbericht fallen wir totmüde ins Bett und gehen davon aus, am nächsten Morgen eine wohltuende Dusche im nahen Sanitärgebäude nehmen zu können.
Tja, bei ordentlicher Anmeldung hätte man uns bestimmt erklärt, dass für den Zugang zum Sanitär ein Code ins Tastenfeld einzugeben ist…..es folgt am nächsten Morgen unweigerlich ein langes Gesicht und statt dessen die übliche Reinigungsroutine à la Campingbus ;)
Beim Frühstück kehrt die Rumtreiber-Ungeduld zurück und während wir uns noch wundern, dass der Platz nun doch recht voll wird, fällt uns ganz zufällig ein – morgen ist Himmelfahrt! Ja Guten Morgen zusammen! Auch schon aufgewacht?! Wollen wir da wirklich weiterfahren? Kriegen wir woanders noch einen Platz? Und Einkaufen müssen wir auch noch!….
Wir wollen! Ein Gegensatz muss wieder her! Die gutbürgerlich, gepflegte Camping-Oase kann uns nicht länger halten!! Wir wollen wieder frei sein und das Unkonventionelle suchen :)
Wir kleben eine Notiz an das Erinnerungskärtchen “ Haben Sie an das Bezahlen der Stellplatzgebühr gedacht?“ – „ja klar! lange Schlange, großer Hunger, siehe Briefkasten, schöne Grüße und bis bald“….dann noch kurz an der V/E anhalten und ab geht`s wieder in die Freiheit…. :-)
Zuerst quälen wir uns zu einem Einkaufscenter in Münster-Downtown. Kurz vor einem Feiertag keine wirklich gute Idee und wir müssen bei der Parkplatzsuche geduldig und kreativ sein.
Ganz ohne Route kurven wir schließlich durch die Gegend und landen für eine Mittagspause in Lüdinghausen, an der Burg Vischering, der am besten erhaltenen Wasserburg des Münsterlandes.
Wie nicht anders zu erwarten, wird dieses Bauwerk gerade aufwendig renoviert und umgebaut. Ständig besuchen wir Bauwerke, die sich gerade in Gerüste hüllen ;)
Im Innenhof gibt es ein nettes Selbstbedienungscafé, das „Café im Reitstall“.
Hier hat man die ehemaligen Pferdeboxen liebevoll zu Gastplätzen hergerichtet.
Wir geniessen einen Cappuccino draußen in der Sonne und lassen das Ambiente auf uns wirken, bevor wir zu einem Spaziergang Richtung Altstadt aufbrechen.
Der örtliche Sanitärhandel bewirbt exessiv die Badekultur mit Quietsche-Entchen :)
Wir schlendern einmal durch das bunte Treiben vor den Eiscafés und schlängeln uns durch Schülermassen, die nach Schulschluss die Stadt bevölkern….
….bevor wir wieder Richtung Grünanlage der Wasserburg zurückkehren und noch ein wenig durch die umgebenden Auen und die Waldstücke streifen.
kehren wir zum Bus zurück, und müssen erstmal ein Allergie-Opfer versorgen ;)
Ein halbe Stunde und zwei Kühlpads später sind alle wieder fit und wir suchen uns ein Eckchen für den Abend. Wir wählen einen Wanderparkplatz am Waldgebiet Haard, nahe Datteln und dem Wesel-Datteln-Kanal.
Nach dem Abendbrot vorm Bus in der Abendsonne knöpfen wir unser selbst gestricktes Mückengitter ein….
…und starten bei einem Gläschen Rowein unseren Tagesrückblick.
Was haben wir heute gelernt? Auch ohne Plan und Route kann man viel Schönes endecken und meistert die Dinge, wie sie sich eben so ergeben.
Was war heute am schönsten? Kühlpads auf den Augen und das Abendessen in der Sonne auf einem Wanderparkplatz, ganz ohne Struktur, in der Wildnis ;)
Und morgen? Mal sehen was der Tag so bringt…..
Der Code für die Sanitäranlage ist 0815. KEIN Witz! (War über Jahre und zumindest noch vor einiger Zeit so) ;-)
Viel Spaß weiterhin!